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Lebendige Kirche
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Wie Flüchtlingen am besten helfen?

Martin Pier, Referent im Aachener Büro der Regionaldekane, gibt wichtige Tipps an Ehrenamtliche

10_Koordination für Flüchtlingshilfe (c) Jihan Foundation
10_Koordination für Flüchtlingshilfe
Datum:
Mi. 4. März 2015
Die Bereitschaft, sich für Flüchtlinge zu engagieren, ist groß. Was dabei zu beachten ist, erläutert Martin Pier im Interview. Er ist Referent im Büro der Regionaldekane für die Regionen Aachen-Stadt und Aachen-Land.

Welchen Menschen, aus welchen Situationen und Ländern begegnen wir im Moment hauptsächlich?

Natürlich sind es zurzeit besonders viele syrische Flüchtlinge, weil durch Bundes- und Landesprogramme 25000 Aufnahmen erfolgt sind. Gleichwohl sind zuletzt drei Flüchtlingsfamilien aus dem Kosovo und aus Albanien in Aachen aufgenommen worden. Zusätzlich haben wir in Aachen besonders viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, weil sie zumeist bei der Einreise nach Deutschland aufgegriffen und vom Jugendamt in Obhut genommen werden.
Letzten Endes ist die Herkunft aber nachrangig. Kein Flüchtling hat ohne Not seine Heimat verlassen. Sie sind diskriminiert oder verfolgt worden, haben Gewalt erfahren oder nahe Angehörige sind gewaltsam zu Tode gekommen, ihre Flucht war riskant, hat lange gedauert und war oft mit weiteren furchtbaren Erfahrungen verbunden.
Nach mehreren Zwischenstationen sind sie nun hier bei uns angekommen, in einer oft völlig fremden Kultur und in einer Gesellschaft, die ganz anders funktioniert als das, was bisher galt.

Welche Hilfe können Ehrenamtliche in Gemeinden und Verbänden anbieten?

Ehrenamtliche können vor allem Kontakt und Begleitung anbieten. Kontakt ist zum Beispiel durch Einladungen zu Gemeindefesten und Konzerten möglich. So können die Flüchtlinge uns kennenlernen – und wir die Flüchtlinge. Begleitung ist wichtig, um sich hier in unserem Alltag zurechtzufinden. Dabei kann es um den Behördengang, das Einkaufen im Supermarkt mit zig verschiedenen Waschmitteln oder die Orientierung in der Stadt gehen. Zusätzlich können besondere Hilfen angeboten werden, und zwar vor allem Sprachförderung.

Was würden Sie den Hilfswilligen raten, wenn sie sich in diesem Bereich engagieren wollen?

Flüchtlingsarbeitskreise gibt es bereits in vielen Gemeinden, anderenorts bilden sie sich neu. Am einfachsten ist es sicherlich, vor Ort in einer solchen Gruppe mitzutun. Eher in einem größeren Rahmen gibt es aber auch Initiativen wie zum Beispiel die Save-me-Kampagne, zu der neben der politischen Lobby-Arbeit auch die soziale Betreuung durch ein Patenmodell gehört.

Für unbegleitete Minderjährige gibt es wiederum andere Möglichkeiten in Zusammenarbeit mit den Einrichtungen, in denen diese untergebracht sind. Einen Überblick und Orientierungshilfe gibt da gerne das Büro der Regionaldekane. Auf alle Fälle gilt es, trotz des „Heimvorteils“ den Flüchtlingen auf Augenhöhe zu be-
gegnen und gemeinsam zu schauen, welche Angebote es konkret braucht.

Welche Schwierigkeiten können auftreten?

Schwierigkeiten können auftreten, wenn Ehrenamtliche sich überfordern. Die Unterbringung liegt zum Beispiel in der Verantwortung der Kommunen. Und Ehrenamtliche sind nun mal keine Traumatherapeuten. Eine weitere Schwierigkeit kann durch ein falsches Verständnis von Integration auftreten. Es wäre falsch, wenn wir Flüchtlinge integrieren wollten, indem wir ihnen unsere Kultur und Religiosität aufdrängen. Wir leisten gute Integrationsarbeit, wenn wir Angebote machen. Die Flüchtlinge können sie dann wahrnehmen und sich dank dieser Hilfen integrieren. Die Flüchtlinge müssen selbst Subjekt ihrer Integration sein, sonst funktioniert diese nicht.

Wo gibt es Möglichkeiten der Unterstützung und Begleitung?


Ich empfehle, im Büro der Regionaldekane nachzufragen. Es gibt das Netzwerk Asyl, das eine Vernetzungs- und Unterstützungsplattform bietet. Das hat sich bewährt und wird sowohl von Interessierten für den Einstieg in die Flüchtlingsarbeit als auch von Erfahrenen zur Klärung von einzelnen Fragen genutzt, denn es wirken sowohl Ehrenamtliche aus Pfarreien als auch nicht-kirchliche Beratungsstellen und der regionale Caritasverband in diesem Netzwerk mit.

Dank der jüngsten Entscheidungen auf Bistumsebene kann der Caritasverband sein Engagement in der Flüchtlingsarbeit jetzt sogar noch ausbauen, so dass ich mich da auf eine gute und enge Zusammenarbeit freue. In der Save-me-Kampagne bieten wir mit dem regelmäßigen „Patenstammtisch“ eine offene und verlässliche Anlaufstelle für
Interessierte und Engagierte, Flüchtlinge und Paten.

Das Gespräch führte Mechtild Jansen. Weitere Informationen im aktuellen „Überblick“ des Diözesanrats. Den können Sie sich auf Ihren Rechner laden von der Internetseite www.dioezesanrat-aachen.de.