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Lebendige Kirche
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Zur humanitären Katastrophe im Mittelmeer und im Lager Moria

Beschluss der Vollversammlung des Diözesanrats

Kein Weihnachten auf Moria (c) Kein Weihnachten auf Moria
Kein Weihnachten auf Moria
Datum:
Mi. 9. Dez. 2020
Von:
Monika Herkens

Das Mittelmeer ist die tödlichste Grenze der Welt. 2019 haben 125.000 Menschen unerlaubt die Grenzen im Mittelmeer überwunden. Mehr als anderthalbtausend Menschen sind im letzten Jahr bei dem Versuch über das Mittelmeer in die EU einzureisen, ertrunken.

Das Mittelmeer ist die tödlichste Grenze der Welt.1 2019 haben 125.000 Menschen unerlaubt die Grenzen im Mittelmeer überwunden. Mehr als anderthalbtausend Menschen sind im letzten Jahr bei dem Versuch über das Mittelmeer in die EU einzureisen, ertrunken.2

Wer es schafft, die Grenze lebend zu überwinden, wird oft jahrelang in sogenannten Camps untergebracht, die ein würdiges Leben unmöglich machen. Worte reichen gar nicht aus, um das unfassbare Elend zu beschreiben, das geflüchtete Menschen auf den griechischen Inseln durchleben müssen. Die Camps sind überfüllt und es gibt weder ausreichende hygienische noch medizinische Versorgung. Nicht erst seit dem Brand im Camp Moria sind die Menschen obdachlos, leiden Hunger und ihnen fehlt die Perspektive für das Leben.

Als Christ*innen glauben wir daran, dass jeder Mensch ein Ebenbild Gottes ist und dass Gott uns in jedem Menschen begegnet. Dieser Glaubensgrundsatz hat sein Fundament in der Bibel und findet seinen Höhepunkt in der Botschaft Jesu, wenn Jesus sagt: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40). Weiterführend heißt es gar: „Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan“ (Mt 25,45). Die Beziehung zu unseren Mitmenschen ist unmittelbar und untrennbar an unsere Gottesbeziehung geknüpft.

Die Fürsorge für Arme, Kranke und Marginalisierte ist der fundamentalste Auftrag des
Christentums. Wenn wir unseren Mitmenschen die Hilfe verweigern, haben wir in diesem
Auftrag als Christ*innen versagt. 

Offiziell heißt es, dass nur die europäischen Außengrenzen gesichert werden. Die Grenzen
des Europas, in dem wir leben. Wir möchten klarstellen, dass eine Grenzsicherung, die auf
menschenunwürdiger Behandlung von Geflüchteten aufbaut oder diese in Kauf nimmt, nicht in unserem Namen erfolgt und nicht unser Bild von einem Europa widerspiegelt, das sich den Menschenrechten bedingungslos verpflichtet weiß.

Trotzdem scheinen die politischen Verantwortlichen und die Parteien in unserem Land dieses Elend mit Gleichgültigkeit hinzunehmen. Wir appellieren deshalb eindringlich an die
Regierenden: Wenn wir unsere christliche Grundhaltung und die christliche Botschaft ernst
nehmen, können wir eine Lösung dieser humanitären Katastrophe nicht länger aufschieben. Wir können nicht weiter wegsehen, wenn Kinder und Jugendliche, Frauen und Männer Familien und alle Menschen auf der Flucht entmenschlicht und versachlicht werden. Sie sind dann nur noch politische Verhandlungsmasse, sowohl innerhalb Deutschlands - als auch europaweit.

Deshalb fordern wir:

Ein schnelles Handeln unserer Bundesregierung und eine weitere Aufnahme von
notleidenden Menschen von den griechischen Inseln. Menschen muss eine Lebensperspektive und eine Heimat gegeben werden.

Familien dürfen nicht weiter auseinandergerissen werden. Sich gegenseitig Halt geben, sich in einer neuen Welt zurechtfinden und ankommen. Das alles geht am einfachsten mit vertrauten Personen und dem Rückhalt in der eigenen Familie.

Es muss den Kommunen im Bündnis Sicherer Hafen unkompliziert ermöglicht werden, Flüchtlinge aufzunehmen. Schon über 170 Kommunen in Deutschland, davon über 40 in Nordrhein-Westfalen, gibt es, die sich dem Bündnis Sicherer Hafen angeschlossen haben. 3 Sie heißen geflüchtete Menschen willkommen und sind bereit mehr Menschen aufzunehmen. Wir fordern, sich mit starker Stimme auf Europaebene für die Aufnahme von Flüchtlingen auszusprechen, weil jeder Mensch das Recht auf ein menschenwürdiges Leben hat und niemand freiwillig flüchtet.

Fluchtursachen müssen wirksam bekämpft werden. z.B. durch die Umsetzung der europäischen Klimaziele, Armutsbekämpfung und Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklungszusammenarbeit, die Förderung des fairen Handels oder die Einschränkung des Waffenhandels.

Die Abschottung der EU gegen Menschen, die in der EU-Schutz und Hilfe suchen,
muss aufhören. Notwendig ist eine staatliche, europäisch organisierte Seenotrettung mit dem klaren Fokus Menschen, die in Lebensgefahr schweben zu retten, um die tödlichste Grenze der Welt wieder zu sicherem Gewässer werden zu lassen. Die EU hat hier auf dem Mittelmeer bisher klar versagt.

Eine gemeinsame europäische Lösung muss das Ziel sein. Abwarten auf diese
Einigungen darf aber nicht auf Kosten der notleidenden Menschen passieren. Es muss solange dezentral Abhilfe geschaffen werden, bis eine europäische Strategie
gefunden und umgesetzt wird.

Der Diözesanrat der Katholiken wird sich auch zukünftig in die gesellschaftliche, politische und innerkirchliche Diskussion einmischen und die Stimme für Gerechtigkeit und Menschlichkeit erheben. Im Rahmen unserer Möglichkeiten möchten wir konkrete Hilfsangebote unterstützen.

07.10.2020
Vollversammlung des Diözesanrates

1 https://www.brot-fuer-die-welt.de/blog/2017-europa-hat-die-toedlichste-aussengrenze-der-welt/

2 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/892249/umfrage/im-mittelmeer-ertrunkenen-fluechtlinge/

3 https://seebruecke.org/sichere-haefen/sichere-haefen/