Stellungnahme der Herbstvollversammlung des Diözesanrats der Katholik*innen im Bistum Aachen am 30.10.2024:Sexualisierte Gewalt verjährt nie!
Diözesanat der Katholik*innen im Bistum Aachen kritisiert den Umgang mit den Betroffenen sexualisierter Gewalt im Bistum Aachen
Stellungnahme der Herbstvollversammlung des Diözesanrats der Katholik*innen im Bistum Aachen am 30.10.2024
Diözesanat der Katholik*innen im Bistum Aachen kritisiert den Umgang mit den Betroffenen sexualisierter Gewalt im Bistum Aachen
Große Wellen schlägt seit Juli 2024 ein Präzedenzfall, den das Bistum Aachen in der Frage der juristischen Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Raum der Kirche geschaffen hat. Als erste Diözese in Deutschland hat sie vor dem Landgericht Aachen die gesetzlich mögliche Einrede auf Verjährung genutzt, um die Klage von zwei Missbrauchsbetroffenen abweisen zu lassen.
Der Diözesanrat der Katholik*innen im Bistum Aachen schließt sich der wachsenden Kritik an dieser Entscheidung an. Er hofft, dass der Gang eines Betroffenen in die zweite Instanz ans Oberlandesgericht in Köln bundesweit Rechtssicherheit für Missbrauchsbetroffene fördert, die um angemessenere Entschädigungen kämpfen.
Die Einrede der Verjährung ist für den Diözesanrat nur die Spitze eines Eisbergs bei einer mangelhaften Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Aachen. Problemanzeigen von Gremien, die diese Aufarbeitung unabhängig begleiten, untermauern diesen Eindru
ck. Der Diözesanrat nimmt diese Einwürfe von Betroffenen und Fachleuten sehr ernst.
Ein Bistum und sein Bischof tragen nicht nur für Unrecht Verantwortung, das heute geschieht. Sie tragen auch Verantwortung für Unrecht, das in früheren Jahren und Jahrzehnten geschah. Von sexualisierter Gewalt betroffene Menschen und ihre Angehörigen leiden lebenslang an den Folgen der Taten. Daher hört die moralische Verantwortung der Kirche niemals auf.
Wohlfeile Lippenbekenntnisse zum menschlichen Anstand helfen hier nicht weiter. Die Empörung in der Öffentlichkeit zeigt, dass Taten folgen müssen, um neue Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Ein Urteil zu verhindern, um eine hohe Entschädigungszahlung zu vermeid
en, setzt dem gegenüber die Verantwortungsvergessenheit der Kirche auf andere Weise fort.
Im November 2024 jährt sich die Veröffentlichung des Aachener Missbrauchsgutachtens zum vierten Mal. In den Augen des Diözesanrats der Katholik*innen hat das Bistum zentrale Analysen der Gutachter nicht nachvollzogen und die systemischen Ursachen von Missbrauch bei den strukturellen Neuordnungen des Heute-bei-dir-Prozesses nicht berücksichtigt. Klerikale Macht wird eher zementiert, anstatt sie einzuhegen und zu teilen.
Damit ist die wichtigste Lehre aus der Missbrauchsgeschichte des Bistums Aachen nicht gehört und nicht umgesetzt. Die Gutachter wiesen nach, dass Klerikalismus und andere Überhöhungen im kirchlichen Alltag Räume für spirituelle und sexualisierte Missbrauch
staten öffnen. Der Diözesanrat fordert, dass endlich auch dieser Teil von Prävention ernsthaft bearbeitet wird.
Gez. die Vollversammlung
des Diözesanrats der Katholik*innen im Bistum Aachen