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Öffentliche Erklärung zum Bekanntwerden eines Gutachtens zu den Folgekosten des Kohleausstiegs

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 16. Dezember wurde publik, dass die Bundesregierung das Ergebnis eines von ihr in Auftrag gegebenen Gutachtens unter Verschluss gehalten hat, in dem die Folgekosten für verschiedene Szenarien zum Kohleausstieg im Rheinischen Revier auf fundierter Basis ermittelt und auch die bergbaulichen Fragen zur Massendisposition durch qualifizierte Ingenieurbüros untersucht wurden.

Tagebau Garzweiler
Datum:
18. Dez. 2020
Von:
Diözesanrat Aachen

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 16. Dezember wurde publik, dass die Bundesregierung das Ergebnis eines von ihr in Auftrag gegebenen Gutachtens unter Verschluss gehalten hat, in dem die Folgekosten für verschiedene Szenarien zum Kohleausstieg im Rheinischen Revier auf fundierter Basis ermittelt und auch die bergbaulichen Fragen zur Massendisposition durch qualifizierte Ingenieurbüros untersucht wurden.

Als Ergebnis werden im Gutachten, wie sich jetzt herausstellt, zwei maßgebliche Szenarien untersucht, die auf Basis der zugesagten 1:1 Umsetzung des Kohlekompromisses den Erhalt der Dörfer am Tagebau Garzweiler II und die Verkleinerung des Tagebaus Garzweiler als machbar aufzeigen.

Diese gutachterlich bestätigte Tatsache um die in der Region gerade gerungen wird, mit dem Ziel, Dörfer und wichtige und besonders fruchtbare Flächen zu erhalten, wurde jedoch im Kohleausstiegsgesetz nicht aufgenommen und der Öffentlichkeit durch einjährige Zurückhaltung vorenthalten.

Gleichzeitig sind durch politische Entscheidungen und Gesetzgebungen allein in der Solar- und Windkraftindustrie viele zehntausend Arbeitsplätze vernichtet worden. Durch das Zurückhalten eines Gutachtens, das eine Verminderung der Tagebauflächen für möglich erklärt, wird der Eindruck erweckt, dass die Kohleindustrie in ihren Interessen einseitig gestärkt wird.

Wie hier Vertrauen in Politik gewonnen werden soll bei der jungen Generation, die zum Beispiel in der »friday for future« Bewegung für ihre Zukunft und eine nachhaltige Gestaltung ihrer Lebensgrundlagen eintritt, bleibt rätselhaft.

Für die betroffenen Menschen in den Umsiedlungsdörfern, die ihre Heimat nicht aufgeben wollen, muss es so bisher scheinen, dass diese existenziell wichtigen Informationen aus dem Gutachten bewusst verschwiegen worden sind; Abgeordnete, die mehrfach nachgefragt hatten, wurden belogen; Bundestag und Bundesrat haben somit ein Gesetz beschlossen auf Basis von unzureichenden, weil vorsätzlich unterschlagenen, Informationen.

Noch gründlicher kann man Vertrauen in die Politik nicht verspielen!

Wie soll die Glaubwürdigkeit in einem so brisanten Thema hergestellt werden, wenn wichtige Informationen der Öffentlichkeit vorenthalten, Leitentscheidungen zugunsten des Energieunternehmens verhandelt werden und bevorzugt allein in dessen Interesse Gesetze formuliert werden? Der Verweis auf eine energiepolitische Notwendigkeit von Garzweiler II, in der in der Leitentscheidung vorgegebenen Größenordnung, ist in dem jetzt bekanntgewordenen Gutachten widerlegt.

NRW Ministerpräsident Armin Laschet hatte sich noch zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens für die 1:1 Umsetzung der Ergebnisse der Kohlekommission ausgesprochen.

Armin Laschet und die gesamte NRW Landesregierung muss jetzt die Chance ergreifen, sich zukunftsorientiert den Ergebnissen des Gutachtens zuzuwenden. Auf der Grundlage des jetzt veröffentlichten Gutachtens und in Kenntnis der Einwände verschiedenster Initiativen in der Region, gestützt auf die DIW Studie, die auch der »Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung« bei ihrer Entscheidungsfindung diente, muss die vom Wirtschaftsministerium NRW formulierte Leitentscheidung grundsätzlich überarbeitet werden.

Die bisherige kurze zeitliche Befristung für den Erhalt der 5 Dörfer muss in eine dauerhafte Sicherung umgewandelt werden. Die Ausdehnung des Tagebau Garzweiler II kann und muss deutlich reduziert werden.

Die Enteignung der dort lebenden Menschen und die Inanspruchnahme wertvollster landwirtschaftlicher Flächen, während im Tagebau Inden 100 Mio. Tonnen Kohle ungenutzt bleiben, muss von der Landesregierung verhindert werden.

Eine Vertreibung und Enteignung derjenigen, die in ihren Dörfern bleiben wollen, begründet letztendlich nur mit wirtschaftlichen Erwägungen von RWE, ist nicht länger zu verantworten.

Durch eine entsprechende Anpassung der Leitentscheidung muss der Erhalt der Dörfer und der wertvollen landwirtschaftlichen Flächen garantiert werden.

Eine Anpassung bedeutet immer noch nicht das sofortige Ende der Kohleförderung, aber für die Übergänge von der durch die alten Industrien geprägten Region in eine neue, an den Klimazielen von Paris orientierten nachhaltigen Wirtschaftsregion, wird der Erhalt der Dörfer ebenso wie der Erhalt des Hambacher Waldes ein großes Zeichen sein und die Region befrieden.

Wir fordern die Landesregierung auf, in der im Beteiligungsverfahren befindlichen Leitentscheidung des Landes NRW zur Braunkohleplanung, gestützt auf die im o.g. Gutachten untersuchten Optionen und in etlichen Einwänden dargelegten Möglichkeiten den Erhalt der 5 Tagebauranddörfer (Keyenberg, Berverath, Kuckum und Ober- und Unterwestrich) sowie den Erhalt der außerordentlich wertvollen landwirtschaftlichen Nutzflächen festzuschreiben.

Nur so kann der gesellschaftliche Konflikt befriedet und die Glaubwürdigkeit der Politik auf diesem Felde wiederhergestellt werden.

Nicht zuletzt erwächst daraus auch die Chance auf Einhaltung der verpflichtenden Klimaziele gemäß dem Pariser Abkommens für unsere Region.

Mit freundlichen Grüßen

Pfarrer Hans-Peter Bruckhoff
Superintendent Evangelischer Kirchenkreis Aachen

Pfarrer Dietrich Denker
Superintendent Evangelischer Kirchenkreis Gladbach-Neuss

Pfarrer Jens Sannig
Superintendent Evangelischer Kirchenkreis Jülich

Marie-Theres Jung und Heribert Rychert
Braunkohle-AG des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Aachen. 

gez. Irene Mörsch
Vorsitzende des Katholikenrat für die Region Düren