Stellungnahme zum Thema Braunkohleabbau :JETZT AN MORGEN DENKEN -
Der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Aachen beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Situation und den Folgen des Braunkohleabbaus für die Menschen und die Umwelt in unserer Region.
Stellungnahme zum Thema Braunkohleabbau
Der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Aachen beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Situation und den Folgen des Braunkohleabbaus für die Menschen und die Umwelt in unserer Region.
Wir haben viele Gespräche und Diskussionen geführt mit den unterschiedlichen Gruppierungen, die von den Strukturveränderungen durch den Braunkohleabbau betroffen sind. Die Empfehlungen der Kohlekommission und die daraus folgende Entscheidung des Bundeskabinett zum Kohleausstieg haben uns bewogen, unsere Position noch einmal in einer Stellungnahme zusammen zu fassen:
Stellungnahme
JETZT AN MORGEN DENKEN
DIE ZEICHEN DER ZEIT ERKENNEN
Die Veränderung der klimatischen Gegebenheiten (Erderwärmung) ist
menschengemacht, ausgelöst durch die Nutzung fossiler Energieträger (Kohle, Öl, Gas).
Deshalb haben die fossilen Energieträger ausgedient und müssen schnellstmöglich
abgelöst werden. Das Pariser Klimaabkommen von 2015 fordert globale Begrenzung der
Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad, möglich unter 1,5 Grad, um einem gefährlichen
Klimawandel entgegenzuwirken. Die bisherigen Ankündigungen der beigetretenen
Staaten lassen leider eine Erwärmung um mindestens 3 Grad erwarten.
„Alle Bestrebungen, die Welt zu hüten und zu verbessern, setzen vor allem voraus, dass sich die Lebensweisen, die Modelle von Produktion und Konsum und die verfestigten
Machtstrukturen (von Grund auf) ändern, die heute die Gesellschaften beherrschen.“ (LS,51)
BEWAHRUNG VON GOTTES SCHÖPFUNG
Unser derzeitiger Umgang mit der Schöpfung ist gekennzeichnet durch einen
unverantwortlichen Umgang und Missbrauch der Güter, die uns Menschen zur Verfügung
stehen und von Gott gegeben sind. Wir sind gleichsam Opfer und Täter der Zerstörung
der Schöpfung. Der so menschengemachte Klimawandel zwingt zum sofortigen Handeln.
Für uns Christen und Christinnen stellt sich diese Herausforderung im besonderen Maße,
da nach unserem Verständnis die Schöpfung der gemeinsame Ursprung unserer Welt ist.
Alles (Mensch und Mitwelt) ist miteinander verbunden. Als Geschöpfe unter
Mitgeschöpfen dürfen und sollen wir Gottes Garten „bebauen und bewahren“. Somit ist
das Erdklima gemeinsames Gut in gemeinsamer Verantwortung.
„Das Klima ist ein gemeinschaftliches Gut von allen und für alle […]. Jede Gemeinschaft darf von der Erde das nehmen, was sie zu ihrem Überleben braucht hat aber die Pflicht, sie zu schützen und das Fortbestehen ihrer Fruchtbarkeit für die kommenden Generationen zu gewährleisten.“ (LS, 23)
FORDERUNGEN DES DIÖZESANRATES
Angesichts der Klimakrise, in der sich die Welt befindet, stellt der Diözesanrat der
Katholiken im Bistum Aachen im Bezug auf den Braunkohleabbau im Rheinischen
Braunkohlerevier folgende Forderungen an Verantwortliche in Politik, Wirtschaft und
Kirche:
Der von der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“
(Kohlekommission) vorgeschlagene Ausstiegszeitpunkt 2038 ist deutlich zu spät. Das
Kohleausstiegsgesetz der Bundesregierung bleibt sogar hinter diesen Empfehlungen
zurück. Bis 2022 werden weniger Megawatt stillgelegt und somit der Großteil der
Kraftwerksstillegung auf das Ende des Jahrzehnts verlagert. Sogar ein neues
Steinkohlekraftwerk, Datteln 4, wird laut Kohleausstiegsgesetz an Netz gehen. Dazu soll
Kohle u.a. aus unserem Partnerland Kolumbien importiert werden, wo gravierende
Menschenrechtsverletzungen und ökologische Missstände die Förderung begleiten.
Der Diözesanrat der Katholiken verlangt einen Kohleausstieg bis spätestens zum Jahr
2030. Wie verschiedene Studien und Expertinnen und Experten bekunden, ist dieser
schnelle Kohleausstieg möglich und sinnvoll, um die Klimaziele des Pariser
Übereinkommens zu erreichen.
Der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Aachen fordert und unterstützt einen
sofortigen Umstieg auf alternative, erneuerbare Energieträger im Sinne einer
energetischen „Vorrangpolitik“ ohne „wenn und aber“.
„Darum ist es dringend geboten, politische Programme zu entwickeln, um in den
kommenden Jahren den Ausstoß von Kohlendioxid und anderen stark verunreinigenden
Gasen drastisch zu reduzieren, zum Beispiel, indem man die Verbrennung von fossilem
Brennstoff ersetzt und Quellen erneuerbarer Energien entwickelt.“ (LS, 26 )
Der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Aachen fordert und setzt sich ein für die
Verkleinerung der Tagebaue und somit den Erhalt aller Umsiedlungsorte und den Erhalt
des Hambacher Waldes durch den notwendigen Wasserhaushalt. Hierzu gehört auch die
Fürsorge für die bereits umgesiedelten Menschen im bestehenden Umsiedlungsprozess.
Der Strukturwandel muss für die alten und neuen Dörfer partizipativ, sozial, nachhaltig
und ökologisch gestaltet werden. Der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Aachen
solidarisiert sich mit den gewaltfreien Initiativen, Bündnissen und Vereinigungen, die
diese Ziele verfolgen.
Der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Aachen fordert und setzt sich ein für einen
Strukturwandel der Region ohne Braunkohleförderung. Hierzu gehört der Ausbau
alternativer und neuer Wirtschaftszweige, die Einbindung von Technologie- und
Wissenschaftszentren, Schaffung neuer Arbeitsplätze, die Stärkung der Infrastruktur und
eine eigenständige, nachhaltige und genossenschaftliche Regionalentwicklung.
Er fordert Planungs- und Entwicklungssicherheit.
Der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Aachen setzt sich dafür ein und fordert, dass
diese Transformation und somit der Strukturwandel sozialverträglich gestaltet werden.
Menschen, die durch den Ausstieg aus der Braunkohle ihren Arbeitsplatz verlieren,
benötigen ausreichende finanzielle Entschädigung bzw. einen fließenden Übergang in
sinnvolle neue Beschäftigungsfelder und Arbeitsplätze. Der RWE-Konzern steht in
besonderer Verantwortung für die Transformation und Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Die Folgekosten des Braunkohleabbaus muss das jeweilige Unternehmen tragen.
Auch die katholische Kirche im der Region kann mehr tun! Der Diözesanrat der Katholiken
fordert das Bistum Aachen auf, im Sinne der bisherigen Beschlüsse2 zu handeln. Dazu
fordert er das Bistum Aachen sowie die zuständigen Kirchenvorstände auf, keine weiteren
Schritte im Bezug auf den Verkauf, die Genehmigung des Verkaufes von Kirchenland,
anderen Liegenschaften und Kirchen sowie deren Entwidmung im Umsiedlungsgebiet zu
unternehmen und vorherige Schritte zu revidieren.
Der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Aachen fordert die Verantwortlichen in der
Pastoral auf, eine nachhaltige Seelsorge und Begleitung in den Gemeinden aufzubauen
und vor Ort den sozialen Frieden zu sichern.
„Die politische Größe zeigt sich, wenn man in schwierigen Momenten nach bedeutsamen
Grundsätzen handelt und dabei an das langfristige Gemeinwohl denkt.“ (LS, 178)
Wir Christinnen und Christen sind aufgefordert, einem an Profit, Ausbeutung der
menschlichen und natürlichen Ressourcen sowie an permanenten Wachstum orientierten
Wirtschaftsmodell entschieden eine christlich-ethische Grundhaltung entgegenzustellen,
deren Maßstab das Gemeinwohl ist. Dabei gilt es ebenso, die globalen Auswirkungen des
Braunkohleabbaus im Blick zu haben. Unser Handeln hier hat wirtschaftliche, politische
und ökologische Auswirkungen auf die gesamte Erde und ihre Bewohnerinnen und
Bewohner.
„Die soziale Ungerechtigkeit geht nicht nur Einzelne an, sondern ganze Länder, und zwingt
dazu, an eine Ethik der internationalen Beziehungen zu denken. Denn es gibt eine
wirkliche „ökologische Schuld“ - besonders zwischen dem Norden und dem Süden [...]“
(LS, 51)
Aachen, 10.02.2020
Der Vorstand des Diözesanrates der Katholiken im Bistum Aachen
11 Zitate aus der Umwelt-Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus. Die Zahlen in Klammern verweisen auf die Nummern der Kapitel des Originaltextes. Enzyklika LAUDATO SI`von Papst Franziskus über die Sorge für das gemeinsame Haus. 24. Mai 2015 (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 202), Bonn 2015.
2 Erklärung des Bistums Aachen zur Offenlegung Garzweiler II, September 1993 und
Beschlusses des Bistumstags 1996 .