Zudem erschrecken mich fremdenfeindliche, antisemitische und nationalistisch gefärbte Aussprüche und Meinungen, die immer wieder von AfD-Seite geäußert werden. So sprach auf dem Bundesparteitag, auf dem die Kandidat:innen für die Europa-Wahl gekürt wurden, die Co-Vorsitzende Alice Weidel davon, dass man Europa wieder zu einer Festung machen müsse.
Der Ausdruck „Festung“ hat mich zutiefst erschrocken. Und mir kam direkt das Bild einer Festung vor Augen: hoch oben auf dem Berg gelegen, mit einem nicht zu überwindenden Graben umgeben, rundherum hohe Mauern mit Öffnungen, durch die mit Kanonen geschossen wird. Geschossen auf Menschen, die als Feinde gesehen werden und denen der Zugang zur Festung somit verwehrt wird.
Heißt das, dass wir uns in Europa auf eine solche Festung zurückziehen, uns nach allen Seiten von der übrigen Welt abschotten und durchaus auch mit aller Gewalt gegen Menschen vorgehen, die aus anderen Ländern ungerufen und ungewollt zu uns kommen?
Ich will gar nicht weiter ausmalen, was das Bild der Kanonen in mir auslöst.
Es ist nun mal so: wir leben nicht in 5 oder 6 Welten, sauber nach Kontinenten aufgeteilt, wir leben in einer Welt. Und das mit allen Vorteilen, Chancen, aber auch Herausforderungen und Problemen. Sicher gibt es in unserem Land viele Nöte, denen sich unsere Politiker:innen, aber auch wir zuwenden müssen.
Es ist klar, dass es eine Energiewende nicht zum Nulltarif geben kann. Und auch sonst müssen wir uns in Zukunft wohlstandsmäßig einschränken. Das zu leugnen oder so zu tun, als wenn wir alle wirtschaftlichen Herausforde-rungen ohne Wohlstandsrückgang schaffen würden, ist unredlich und entspricht nicht der Realität. Von daher halte ich es für wichtig, den Bürger:innen seitens der Politik „reinen Wein“ einzuschenken, ohne eine Panik zu verbreiten.
Genauso wichtig ist es aber, den gesellschaftlichen Umschwung nicht auf Kosten derer durchzuführen, die jetzt schon wenig oder zu wenig für ihren Lebensunterhalt haben. Es muss zu einem spürbaren Lastenausgleich kommen, sodass der anhaltende Vorwurf, die Flüchtenden würden unsere Sozialkassen leeren, haltlos ist und durch eine sozial ausgerichtete Politik der AfD der Boden entzogen wird.
Sicher ist auch die „Flüchtlingsfrage“ eine wichtige, die unbedingt konstruktiv angegangen werden muss. Aber dies muss auf eine menschliche und sachliche Weise geschehen und darf nicht durch Hetze und menschen-verachtende Äußerungen erledigt werden.
Zurück zum Bild der Festung. Wenn wir uns so in unsere Trutzburg Europa zurückziehen, bezieht sich das dann nur auf die Menschen oder auf die ganze „Außenwelt“? Was ich damit meine, ist, dass es für mich konsequent ist, wenn wir dann auch wirklich nur von dem leben, was „Europa“ uns gibt.
Das heißt, wir beziehen keine Rohstoffe mehr aus außereuropäischen Ländern, kein Obst und Gemüse, keine Medikamente und vieles andere mehr. Wir merken selbst, wie schnell unsere Wirtschaft dann am Boden liegt.
Und auch Urlaubsreisen außerhalb Europas wären tabu.
Was wäre, wenn alle ausländischen Bürger:innen den Ruf „Ausländer raus“ in die Tat umsetzten? Unser Gesundheitssystem wäre total am Ende, viele Dienstleistungen wie Müllbeseitigung, Reinigung, Straßenbau brächen zusammen, von der Gastronomie bliebe vielleicht noch – hochgerechnet – 20 % über. Will das wirklich die AfD und alle, die dieser Partei in gewisser Weise etwas abgewinnen können? Doch letztlich wäre das für mich konsequent: wenn schon, denn schon.
Ist die AfD für Christ:innen wählbar?
Für mich beantworte ich die Frage mit einem klaren NEIN.