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Besuch von zwei Frauen des Kollektivs MAFAPO in Aachen:Die unerzählte Geschichte von der schleppenden Aufarbeitung eines Staatsverbrechens

Frieden und Versöhnung in Kolumbien benötigen wahrhaftige Aufklärung und Übernahme von Verantwortung, wie zwei Frauen des Kollektivs MAFAPO in Aachen berichteten

Mafapo in Aachen
Datum:
25. Okt. 2023
Von:
Thomas Hohenschue

Besuch von zwei Frauen des Kollektivs MAFAPO in Aachen

Frieden und Versöhnung in Kolumbien benötigen wahrhaftige Aufklärung und Übernahme von Verantwortung, wie zwei Frauen des Kollektivs MAFAPO in Aachen berichteten

Vergebung und Versöhnung setzen Wahrhaftigkeit und Wahrheit voraus. Das gilt auch für die Verbrechen, die Angehörige der kolumbianischen Armee begangen haben. Zwischen 2002 und 2008 verschleppten und ermordeten sie 6.400 Jugendliche und warfen sie in Massengräber. Indem sie die Leichen verkleideten, besserten die Soldaten ihre Statistik beim Kampf gegen die Guerilla auf.

Mütter und Angehörige von Opfern dieser außergerichtlichen Hinrichtungen haben sich im Kollektiv „Madres de los Falsos Positivos“ (MAFAPO) organisiert. Zurzeit touren mit Jacqueline Castillo Peña und Rubiela Giraldo Valencia zwei unerschrockene Frauen durch Europa, um ihre „unerzählte Geschichte“ öffentlich zu machen, wie Alejandro Pacheco Zapato vom ÖkuBüro München sagt.

Am 23. Oktober machten sie Station in Aachen und schilderten die Schicksale Tausender Betroffener, darunter auch ihre eigenen. Jacqueline verlor ihren Bruder Jaime, Rubiela ihren Sohn. Beide leblosen Körper wurden in Massengräbern gefunden. Das gab den Hinterbliebenen Gewissheit, aber noch keine Gerechtigkeit. Sie wollen wahrhaftige Aufklärung, es geht darum: Wer gab den Befehl?

Die Bewegung wächst, aber die Bereitschaft im Militär- und Staatsapparat, Verantwortung zu übernehmen, folgt dem nur zögerlich. Die Identifizierung der Opfer läuft schleppend, die juristische Aufarbeitung ebenso. Der Gedanke, Versöhnung über Wahrheit anzubahnen, hat weiterhin viele Feinde. Die Arbeit von Kollektiven wie MAFAPO ist von Gewalt- und Morddrohungen begleitet.

Die beiden Frauen berichten von ersten Erfolgen, so ist inzwischen ein Ex-General und Ex-Armeechef angeklagt. Die Frauen berichten von berührenden Begegnungen, von Solidarität, von künstlerischen Ausdrucksformen ihres Schmerzes, ihrer Hoffnung und Vision. In den jungen Generationen findet ihr Einsatz großes Gehör. Auch in Aachen gab es bewegende Zeichen der Solidarität.

Vernetzung tut Not, um Bewegung in die Aufarbeitung des Staatsverbrechens zu bringen. Auch vom fernen Deutschland aus können Menschen etwas tun, zum Beispiel per Petition den Bundestag mit dem Thema beschäftigen. Der Moment ist gut: In die neue Regierung setzen Jacqueline Castillo Peña und Rubiela Giraldo Valencia einige Hoffnung, dass nun der Weg von Wahrheit, Versöhnung, Frieden und zivilem Aufbau beschritten wird.

 

Info

Die Rundreise von Jacqueline Castillo Peña und Rubiela Giraldo Valencia in Deutschland gehört zum Projekt „Perspectivas Diversas“ vom ÖkuBüro München und findet in Kooperation mit dem Bischöflichen Hilfswerk Misereor, MAFAP Colombia, MAFAPO Inernacional und vielen anderen Organisationen statt, darunter auch dem Diözesanrat der Katholik*innen im Bistum Aachen.

Das Projekt wird gefördert von Engagement Global mit Mitteln des BMZ.