150 Frauen und Männer loteten in Mönchengladbach Perspektiven der kirchlichen Erneuerung aus:Die Menschen sind zur Freiheit berufen
Aufwühlende Zeiten: Wie geht es mit der Kirche im Bistum Aachen weiter? Die Fragen, die bald auf Bundesebene beim Synodalen Weg beraten werden, gehören auch in der Aachener Diözese erörtert. Das findet jedenfalls der Diözesanrat der Katholiken. Er eröffnete Ende 2019 mit einem pointierten Positionspapier die Debatte und legte am 18. Januar 2020 mit einer Tagung in der Citykirche Mönchengladbach nach.
150 Frauen und Männer loteten in Mönchengladbach Perspektiven der kirchlichen Erneuerung aus
Aufwühlende Zeiten: Wie geht es mit der Kirche im Bistum Aachen weiter? Die Fragen, die bald auf Bundesebene beim Synodalen Weg beraten werden, gehören auch in der Aachener Diözese erörtert. Das findet jedenfalls der Diözesanrat der Katholiken. Er eröffnete Ende 2019 mit einem pointierten Positionspapier die Debatte und legte am 18. Januar 2020 mit einer Tagung in der Citykirche Mönchengladbach nach.
„Mut Macht Mündig“ hatten die Verantwortlichen des Aachener Diözesanrats das Treffen übertitelt. Und in der Tat war in dem 150-köpfigen Plenum vorrangig das Bemühen spürbar, als Christinnen und Christen die katholische Kirche mitzugestalten. Dass der Weg dahin kein einfacher ist, dass er Streit erfordert, das Verlassen scheinbarer Sicherheiten, skizzierte eingangs Vorsitzender Dr. Karl Weber.
Als Mutmacher des Tages betätigte sich der Fribourger Moraltheologe Prof. Daniel Bogner. Seine Leistung bestand darin, den Blick auf die aktuelle Situation zu klären. Er machte deutlich, dass die Verfasstheit der Kirche in ihren Grundzügen aus einem Zeitalter vor der Entwicklung der Demokratie stammt. Das Kirchenrecht habe sich nicht aus den monarchisch-absolutistischen Wurzeln gelöst.
Bogner legte frei, worin der zentrale Dissens zwischen kanonischer Kirche und demokratischer Gesellschaft bestehe. Die weltlichen Gemeinwesen hätten sich Verfassungen gegeben, die auf der unantastbaren allgemeinen Menschenwürde als wichtigstem Prinzip basieren. Das Kirchenrecht hingegen setze einen abstrakten Auftrag als Fundament, die Weitergabe des Glaubens.
Dieses Konstruktionsprinzip, das Leitungskräfte der Kirche nahezu uneingeschränkte Macht ermögliche, führe zu vielen Problemen, unterstrich Bogner. Weil eben nicht die Menschenwürde an oberste Stelle gesetzt sei, verletze die Lehre und die Praxis der Kirche Menschenwürde an vielen Stellen und an vielen Orten, etwa durch rigide Sexualmoral, Pflichtzölibat und Ausgrenzung von Frauen einerseits, Machtmissbrauch, geistlichen, sexuellen und finanziellen Missbrauch andererseits.
Der Moraltheologe ließ keinen Zweifel daran, dass die absolutistische Verengung von Macht bei Bischöfen, aber auch Priestern eine zentrale Zukunftsfrage ist. Dass zum Beispiel bei Wechseln im Bischofsamt oder auf dem Pfarrerposten gewachsene Strukturen und Praxis zerschlagen werden können, ohne Ansehen des Engagements von Christinnen und Christen, sei nicht akzeptabel.
Bogner forderte folgerichtig die Einführung einer wirksamen Gewaltenteilung und Regeln für eine Mitwirkung, die verbindlich ist und bleibt. Dafür müsse jeder Christ und jede Christin etwas tun, der Absolutismus heile sich nicht von selbst. Bogner ermutigte, das Kirchenrecht an den Punkten zu übertreten, wo es nicht in der Lebenswelt greife und nicht aus der Bibel heraus begründbar sei.
Die Christinnen und Christen seien durch ihre Taufwürde zum gemeinsamen Priestertum berufen. Und sie seien zur Freiheit berufen, sagte Bogner mit Verweis auf die Bibel. Gott habe die Menschen aufgefordert, sein Volk zu sein, er habe sie zur Freiheit geführt. Diesem Ruf zu folgen und dabei Verantwortung für gelingendes Kirchesein walten zu lassen, das sei das Gebot der Stunde.
Konstruktives Streiten will gelernt sein, hatte Karl Weber eingangs gesagt. Eine solche Diskussionskultur zeigte sich exemplarisch in der Citykirche. Neben ernüchternden Erfahrungen kamen viele Vorschläge auf den Tisch. Sie wurden kontrovers, aber respektvoll diskutiert. Fertige Antworten lieferte der Tag nicht. Das war auch nicht die Absicht des Vorstands gewesen.
Vielmehr wird der Diözesanrat der Katholiken das Positionspapier weiter als Plattform für einen Dialog im Bistum Aachen nutzen. So sehr der Tag dazu diente, den Frauen und Männern in den vielen Räten und Verbänden der Diözese Mut zu machen, so haben Zuspruch und Verlauf der Veranstaltung wiederum auch das Team des Diözesanrats bestärkt, auf einem guten Weg zu sein.