Wer derzeit aufmerksam im Stadtgebiet von Aachen unterwegs ist, dem sind vielleicht die Stromkästen mit eindeutiger Botschaft und Haltung aufgefallen. Sie verweisen auf die Krise und die menschlichen Dramen, die sich – verdrängt von Pandemie und anderen Themen – nach wie vor vor Europas Haustüre abspielen.
Noch bis zur kommenden Woche wollen der Arbeitskreis kritische Sozialarbeit Aachen (AKS), Pax Christi im Bistum Aachen, die Aktion Bürger/-innen Asyl Würselen und Seebrücke Aachen mit einer Plakataktion auf die unzumutbaren und menschenunwürdigen Zustände in Geflüchteten-Lagern an den Außengrenzen der EU aufmerksam machen. 50 Plakate an Strom- und Telekommunikations-Verteilerkästen, die daran erinnern wollen, dass Menschenwürde jedem Menschen zusteht und damit auch den Geflüchteten in den Lagern.
Die Bilder im vergangenen Herbst waren zutiefst erschreckend: Flammen und Verwüstung, soweit man schaute, dazwischen Menschen, die verzweifelt versuchten, ihr Leben und das Wenige, was ihnen noch geblieben war, in Sicherheit zu bringen. Doch konkrete Taten folgten darauf nicht. Das Versprechen der Europäischen Union (EU) „No more Morias“ nach dem Brand im September des vergangenen Jahres sei bis heute nicht eingelöst worden, kritisieren die Initiatoren. Im Gegenteil: In dem neu errichteten Lager auf der griechischen Insel, in dem zurzeit über 7000 Menschen lebten, fehle es an allem. Seit Weihnachten kämpften die Geflüchteten im abgebrannten Lager Lipa, im Norden Bosnien-Herzegowinas gelegen, ums Überleben. Lokale Behörden behinderten den Wiederaufbau und von der Europäischen Union sei keine Hilfe zu erwarten.
Die Ankündigung der Bundesregierung, deutschlandweit insgesamt 1553 Menschen aufzunehmen und auf die Bundesländer aufzuteilen, ist, wie die Initiative betont, völlig unzureichend. Der Wunsch zu helfen ist in der Bevölkerung viel größer. Über 200 Kommunen haben sich mittlerweile zum „Sicheren Hafen“ erklärt, also angekündigt, dass sie – über die Verteilschlüssel hinaus – weitere Geflüchtete aufnehmen möchten.
Dazu komme es aber nicht, da auf die Notwendigkeit einer europäischen Lösung verwiesen werde, die aber aus Mangel an Solidarität seit Jahren auf sich warten lasse. Stattdessen brauche es dringend einen Politikwechsel, weg von einer Politik der Abschreckung und Migrationsabwehr hin zu einer menschenrechtskonformen und humanen Migrations- und Asylpolitik. Etwas, das nur erreicht werden kann, wenn der Druck auf die Verantwortlichen nicht nachlässt und wir als Gesellschaft aufhören, wegzuschauen.