Bisher war die L277 noch eine Grenzlinie: die letzte zwischen den Dörfern Keyenberg und Lützerath auf der einen Seite und dem Tagebau auf der anderen. Mit dem Abriss gibt es diese Kante nicht mehr. Der Bagger steht direkt vor den Gärten der Dorfbewohner. Die Proteste gegen den Tagebau nehmen wieder zu.
Die Woche begann mit Protest. Schon am Sonntag versammelten sich mehrere hundert Menschen an der Straße zwischen Keyenberg und Lützerath, um gegen den Tagebau zu protestieren. Am Abend wurde nach einem Gottesdienst eine Nachtwache gehalten mit Liedern und Fürbitten. Bis zum frühen Morgen waren viele Demonstranten auf Einladung der Initiativen „Alle Dörfer bleiben“ und „Die Kirche im Dorf lassen“ vor Ort und begrüßten die Abrissbagger mit einer Sitzblockade. Mit dem Beschluss des Kohleausstiegs bis 2038 ist die Chance, dass die verbliebenen Dörfer noch gerettet werden können, immer geringer geworden. Aber aufhören, um jeden Zentimeter zu kämpfen, wollen die Protestierenden nicht. Zu wichtig ist ihnen das Ziel. Denn es geht längst nicht mehr nur um die Menschen, die ihre Häuser und Dörfer verlassen und sich an anderer Stelle niederlassen müssen. Mit der zunehmenden Erderwärmung geht es den Demonstranten um das globale Klima, dessen Zustand vom Tagebau mit beeinflusst wird.
Die Tatsache, dass die Bewohner von Keyenberg erst 2024 endgültig umgesiedelt werden sollen und dann der Abriss des Dorfes geplant ist, empört die Demonstranten. Sie vermuten, dass der Tagebaubetreiber RWE jetzt Fakten schaffen und die noch verbliebenen Dorfbewohner unter Druck setzen will. Auch von Politik und Kirche sind die Menschen enttäuscht. Gerade von letzterer fühlen sie sich seit Jahren im Stich gelassen.