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Ohne globale Impfgerechtigkeit endet diese Pandemie nicht

Am Beispiel Kolumbien zeigte eine Aachener Online-Tagung drängende Probleme der Sars-CoV-2-Bekämpfung auf

Impfgerechtigkeit (c) Karikatur: Paolo Calleri
Impfgerechtigkeit
Datum:
Fr. 28. Mai 2021
Von:
Thomas Hohenschue

Nach einer dritten Welle rauschen im späten Frühjahr 2021 die Inzidenzzahlen in Deutschland in den Keller. Die Impfkampagne zeigt Wirkung. Erleichterung macht sich breit. Das ist der Zeitpunkt, an dem wieder einmal die Privilegien eines reichen Landes sichtbar werden. Denn von einem solchen Zustand können Gesellschaften im globalen Süden nur träumen. Impfstoffe erreichen sie kaum und sie werden auch nicht gerecht verteilt. Das Virus hat immer noch freie Bahn.

Wie sieht die Situation in Kolumbien aus? Wie in anderen Ländern Lateinamerikas trifft dort die Pandemie auf Bedingungen, die eine Bekämpfung von Sars-CoV-2 erschweren, wie eine Aachener Online-Tagung am 27. Mai 2021 zur Frage der Impfgerechtigkeit festhielt.

Da sind zum einen die prekären Lebenslagen eines Teils der Bevölkerung. Sie sind geprägt durch hohe Armut, beengte Wohnverhältnisse, unzureichende sanitäre Bedingungen, miserable gesundheitliche Versorgung. Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen haben viele von jetzt auf gleich in höchste Nöte gestürzt. Impfstoffe erreichen die Menschen in den Elendsvierteln nicht.

Zum anderen ist die politische Situation in Kolumbien fragil, der Friedensprozess auf empfindliche Weise gestört. Vielerorts gibt es Demonstrationen und Unruhen, die Unzufriedenheit, Protest und Verzweiflung auf die Tagesordnung setzen. Im Moment prägt Gewalt die Situation, wo doch eher Dialog, Verständigung, Verhandlung gefragt wären. Das kommt zur Pandemie hinzu.

Einblicke aus erster Hand gaben Padre Rafael Castillo Torres und Beatriz Salas Díaz, die in Cartagena mit benachteiligten Bevölkerungsgruppen arbeiten. Sie führen viele Probleme auf die kapitalistische Wirtschaftsweise zurück, die den Profit vor das Allgemeinwohl stelle. Ganz unmittelbar und wörtlich bewahrheite sich in den armen Regionen, was Papst Franziskus sagte: Diese Wirtschaft tötet.

Die Kritik bezog sich explizit nicht allein auf das Regierungshandeln auf allen Ebenen des kolumbianischen Gemeinwesens. Sondern sie adressierte die reichen Industrieländer, die einen Großteil der global verfügbaren Impfstoffe für sich gebunkert haben, wie der Kasseler Professor Alexander Lohner skizzierte. Die Realität entspreche nicht den Lippenbekenntnissen.

Internationale Solidarität, die wirkt, müsse die globale COVAX-Initiative mit deutlich mehr Geldern und Impfdosen ausstatten, sagte der theologische Grundsatzreferent bei Misereor. Und der Schlüssel für eine erfolgreiche weltweite Impfkampagne liegt für Lohner in einer zeitweisen Aussetzung der Patente. Und selbst dann seien nicht alle Produktions- und Verteilungsprobleme gelöst.

Wohl alle im Podium und Plenum verband die Einschätzung, dass die Frage der globalen Impfgerechtigkeit von existentieller Bedeutung ist. Die realen Probleme der Gesellschaften mit großer sozialer Ungleichheit bedrängen, werfen diese teilweise um Jahrzehnte zurück. Und auch weltweit wird die Pandemie nicht enden, wenn das Impfen nicht alle Regionen der Welt erfasst.

 

Info

Das Bistum Aachen und die Kirche von Kolumbien verbinden eine fast 60-jährige Partnerschaft. In dieser engagieren sich auch der Aachener Diözesanrat der Katholiken und das Tönisvorster Medikamentenhilfswerk Action medeor.

Die beiden zeichneten auch für die Veranstaltung zur Impfgerechtigkeit verantwortlich, in Kooperation mit der Bischöflichen Akademie des Bistums Aachen. Mehr zur Kolumbienpartnerschaft unter www.kolumbienpartnerschaft.de.