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Nicht nur darüber reden

Wie die gemeinnützigen Unternehmen Amos und Volksverein echte Nachhaltigkeit schaffen

Rapsöl (c) Volksverein Mönchengladbach
Rapsöl
Datum:
So. 23. Okt. 2016
Von:
Garnet Manecke
Große Konzerne und mittelständische Unternehmen veröffentlichen neben ihren jährlichen Geschäftsberichten auch regelmäßig Nachhaltigkeitsberichte. Ob Maschinenbau, Kaffee-Industrie, Chemiekonzern oder Finanzwelt:

In den Berichten kann man lesen, was die Unternehmen alles dafür tun, um Ökonomie, Ökologie und Soziales im Gleichgewicht zu halten. Der Verein Amos in Heinsberg-Oberbruch und der Mönchengladbacher Volksverein schreiben solche Berichte nicht. Sie schaffen einfach Nachhaltigkeit.

Unternehmensziele

Amos Der 2006 gegründete gemeinnützige Verein hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Region Heinsberg zu bekämpfen.
Dafür bietet er Beratung und Unterstützung bei Bewerbungen, Verschuldung, Suchtproblemen und im Umgang mit Ämtern und Behörden an. Zielgruppe sind
Langzeitarbeitslose und arme Menschen.

Volksverein Unter dem Motto „Teilen macht reich“ versucht der Volksverein mit verschiedenen Angeboten, vor allem Arbeitslose ins gesellschaftliche Leben zu integrieren. Dazu gehören Weiterbildungsangebote, Arbeitsmaßnahmen zur weiteren Qualifizierung,  Beratungsangebote und Möglichkeiten, sich informell mit anderen zu treffen.

Ressourcen schonen

Amos Was man selbst nicht mehr braucht, kann jemand anderen vielleicht glücklich machen: Nach diesem Prinzip funktionieren Secondhand-Läden. Amos hat zwei Shops, in Hückelhoven-Hilfarth und in Oberbruch, in denen gebrauchte Kleidung, Schuhe, Hausrat und Bücher für kleines Geld verkauft werden. Die Waren
stammen ausschließlich aus Spenden. Die Erlöse aus dem Verkauf fließen wieder in die Finanzierung von Arbeitsmaßnahmen, in denen die Teilnehmer für den Arbeitsmarkt qualifiziert werden sollen.

Laut einer Studie der Universität Stuttgart von 2012 wirft jeder Deutsche pro Jahr 82 Kilo Lebensmittel weg. Dabei handelt es sich zum größten Teil nicht um
verdorbene Waren. Mit 44 Prozent stellen Obst und Gemüse den größten Teil davon, meist weil sie nicht mehr dem Schönheitsideal entsprechen. Diese  gigantische Menge basiert nicht nur auf dem privaten Verhalten der Menschen, sondern auch auf dem frühzeitigen Aussortieren von genießbaren Lebensmitteln in Geschäften, um neue Ware zu platzieren. Das ist nicht nur ein Lifestyle-Tick. Die Produktion der Lebensmittel verbraucht Ressourcen: Wasser, Energie und Boden.

Mit seinem Laden versucht Amos einen kleinen Teil der Lebensmittel vor der Verschwendung zu retten. Pro Woche versorgen die ehrenamtlichen Mitarbeiter rund 300 Haushalte mit Lebensmitteln, die gegen eine geringe Spende ausschließlich an Bedürftige abgegeben werden. Die Lebensmittel werden von Geschäften und Bäckereien in der Region gespendet und von Amos-Mitarbeitern mehrmals wöchentlich abgeholt. Für gekühlte Lebensmittel setzt Amos zwei Kühlwagen ein, die durch Spenden finanziert wurden.

Volksverein Auch der Volksverein setzt auf den Verkauf von Gebrauchtkleidern, Hausrat und Büchern. Im Laufe seiner 30-jährigen Geschichte hat er sein Portfolio stetig ausgebaut und den wirtschaftlichen Notwendigkeiten folgend immer wieder angepasst. So werden im Volksverein auch gebrauchte Möbel verkauft. Elektrogeräte werden auf ihre Funktionsfähigkeit getestet, wenn nötig repariert und weiterverkauft.
Inzwischen betreibt der Volksverein sechs Shops in Mönchengladbach, davon ist einer auf Kindersachen spezialisiert.

In der hauseigenen Holzwerkstatt werden Auftragsarbeiten für gemeinnützige Organisationen erledigt. Die Produktion reicht von Dekoartikeln bis hin zur Möbelherstellung.

Arbeit

Amos Jedes Geschäftsfeld von Amos (der Lebensmittelladen, die Second-Hand- Shops, das Arbeitslosenzentrum mit den drei Standorten Erkelenz, Übach-Palenberg und Oberbruch sowie der Ort der Begegnung in Erkelenz) dient dazu, Langzeitarbeitslose zu beschäftigen und zu qualifizieren. In den Maßnahmen
werden ihnen Arbeitsgelegenheiten (1-Euro-Jobs) geboten, mit einer Laufzeit von bis zu 36 Monaten.

Volksverein Neben den Arbeitsgelegenheiten und Qualifizierungsmaßnahmen für Frauen und Männer in verschiedenen Dienstleistungsbereichen hat der Volksverein auch Ausbildungsplätze geschaffen. In diesem Jahr haben zwei Tischler-Azubis ihre Ausbildung erfolgreich mit der Gesellenprüfung beendet und ein Auszubildender konnte sein Abschlusszeugnis als Fachkraft für Küchen-, Möbel- und Umzugsservice entgegen nehmen. Finanziert wird das Ausbildungsprogramm über ein Patenmodell. Das läuft auch in diesem Jahr und macht es damit zwei jungen Menschen möglich, eine Ausbildung zur Fachkraft für Küchen-, Möbel- und Umzugsservice zu machen.

Der Einsatz lohnt sich. Nicht nur, dass der Volksverein in seinem jüngsten Geschäftsbericht eine Vermittlungsquote von gut 30 Prozent in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse ausweisen  konnte. In diesem Jahr ist es ihm auch erstmals gelungen, zwei Teilnehmerinnen in normale betriebliche Ausbildungen zu vermitteln: zur Anwaltsgehilfin und zur Bäckereifachverkäuferin.

Kultur und Bildung

Amos Regelmäßig werden verschiedene Veranstaltungen mit Hilfe eines Flyers angeboten. Kurse zur Bewerbung, Computerkurse, Vorträge zur Ernährung oder
Walking-Gruppen finden statt. Das Internationale Café ist eine Anlaufstelle für Flüchtlinge und Interessierte, das dem Kontakt und der Hilfe verschiedener  Kulturen untereinander dient.

Volksverein Der Volksverein bietet immer wieder besondere Veranstaltungen wie eine Schreibwerkstatt oder Lesungen an. Dabei dienen die Verkaufsräumlichkeiten als Veranstaltungsräume. Auf diese Weise präsentiert der Volksverein seine Waren und Dienstleistungen neu. Bei der Krimi-Lesung „Mord auf der Couch“ sitzt das Publikum auf den Sofas, die es erwerben kann, und wird vom hauseigenen Hauswirtschaftsteam bewirtet.

Besonderheiten

Amos hat ein Netzwerk für polnische Wanderarbeiterinnen, die hauptsächlich in der häuslichen Pflege arbeiten, aufgebaut. Das hat die Frauen aus ihrer Isolation geholt und ihnen ermöglicht, sich mit anderen auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen. Sprachkurse helfen den Frauen, sich in ihrer Umgebung besser zurechtzufinden. 

Volksverein Mit seiner Rapsöl-Produktion beschäftigt der Volksverein nicht nur Langzeitarbeitslose, er macht auch Feinschmecker glücklich. Die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) hat das Öl mehrmals ausgezeichnet und das Magazin „Der Feinschmecker“ hat es zu einem der zehn besten in Deutschland gekürt.
www.amos-oberbruch.de 
www.volksverein.de