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Lebendige Kirche
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Kreativität statt Kämpfe

Das Zusammenwachsen der Gemeinschaft der Gemeinden und Pfarreien ist nach wie vor schwierig

GdGs Nachricht (c) Herz-Jesu Herrenshoff (c) Herz-Jesu Herrenshoff
GdGs Nachricht (c) Herz-Jesu Herrenshoff
Datum:
Di. 12. Juli 2016
Von:
Garnet Manecke
Auch drei Jahre nach den Fusionen haben sich die GdGs und Pfarreien vielerorts noch nicht verfestigt. Alte Rivalitäten und Konflikte brechen sich immer wieder Bahn. Die GdG-Leiter müssen dann die Wogen glätten und vermitteln.
GdGs Quadratisch (c) Herz-Jesu Herrenshoff (c) Herz-Jesu Herrenshoff
GdGs Quadratisch (c) Herz-Jesu Herrenshoff

Jüngstes Beispiel ist die Pfarrei St. Martin in Wegberg. Als der Artikel in einer Tageszeitung berichtete, dass die kleine Gemeinde St. Vincentius Beeck im Rahmen des Kirchlichen Immobilien-Managements (KIM) rund 30000 Euro von den pro Jahr einzusparenden 100000 Euro schultern sollte, Wegberg-Innenstadt aber nur 228 Euro, war der Zwist schon da. Dem Leiter der GdG St. Martin Wegberg, Pfarrer Franz Xaver Huu Duc Tran, blieb nur noch, mit einer ausführlichen Stellungnahme das Schlimmste zu verhindern.

Das KIM bringt an den Tag, was unter der Oberfläche brodelt: Auch drei Jahre nach den Fusionen der Gemeinden im Bistum Aachen zu Gemeinschaften der Gemeinden und Pfarreien sind sich die Beteiligten nicht immer grün. Die Angst, dass die Nachbargemeinde bevorzugt werden könnte, dass man selbst etwas weggenommen bekommt, scheint tief zu sitzen. Nicht nur den Wegbergern geht es so. Wer sich die Fusionsprozesse anschaut, sieht, dass es nirgends ohne Knirschen geht. Denn mitunter sind die Rivalitäten zwischen Gemeinden über Generationen gepflegt worden. Hier einen Konsens zu finden, ist für die leitenden Geistlichen eine Herkulesaufgabe – die durch viele Fallstricke erschwert wird.

 

GdG-Leiter finden sich in der Rolle des moderierenden Entscheiders wieder

In der Mönchengladbacher Pfarrei Maria von den Aposteln war es so eine von Generation zu Generation weiter gege-bene Rivalität zwischen den Gemeinden Neuwerk und Bettrath, die schon zu Beginn des Fusionsprozesses für Unstimmigkeiten sorgte. Als 2012 die damals noch anstehende Fusion im Gottesdienst verkündet wurde, verließen einige Besucher demontrativ das Bettrather Gotteshaus Herz-Jesu. Als dann auch noch die Kirche in Neuwerk zur neuen Pfarrkirche ernannt wurde, fühlten sich die Bettrather wieder zurückgesetz

t. Für Geistliche sind solche Umstände ein Minenfeld, in dem sie jederzeit selbst zur Zielscheibe werden können. Das musste auch der leitende Pfarrer in Neuwerk erfahren, als er einige Monate nach seinem Amtsantritt in der GdG in einem Pfarrbrief seine ersten Eindrücke schilderte. Eine Bemerkung über die Feierfreudigkeit in Bettrath brachte die Gemüter erneut zum Kochen. Die GdG-Leiter stellt das vor große Herausforderungen, denn neben ihren seelsorgerischen Aufgaben müssen sie vor allem Management-Qualitäten entwickeln. Aus verschiedenen Einzelteams muss eine Mannschaft geformt werden, die zusammen das Gemeindeleben gestaltet.

Hier liegt die Krux. Denn wenn es in einer Pfarrei wie Maria von den Aposteln, die aus drei direkt benachbarten Ursprungsgemeinden entstand, schon ein Problem ist, ein Wir-Gefühl zu entwickeln, wie soll es dann erst in GdGs gehen, die aus acht oder noch mehr Gemeinden entstanden sind. „Wer weiter rund um seinen eigenen Kirchturm denkt, wird auf die Dauer verlieren“, betont Pfarrer Ulrich Clancett, Regionaldekan der Region Mönchengladbach, schon seit Jahren immer wieder. Denn allein der Priestermangel macht es schon jetzt unmöglich, jeder Gemeinde einen eigenen geistlichen Leiter zu gewährleisten. Dazu kommen Finanznöte. Dass die Enttäuschung darüber Wut hervorruft, trifft auch bei den Verantwortlichen auf Verständnis.

Ob sich die Wut als  Energie für einen Neustart nutzen lässt, hängt von allen Beteiligten ab – nicht nur von den leitenden Priestern. Die allerdings finden sich zunehmend in der  Rolle des moderierenden Entscheiders wieder, der mitunter auch unpopuläre Entscheidungen treffen muss. Solche Prozesse gelingen am besten dort, wo Priester, hauptamtliche Mitarbeiter und engagierte Ehrenamtler auf Augenhöhe offen miteinander reden und sich einbringen. In einem solchen Klima kann jeder seine Stärken einbringen, kreative Ideen entstehen und führen zu ganz neuem Miteinander.

Dass so ein Klima entsteht, liegt nicht allein in der Verantwortung der Geistlichen. „Oft sind es Hauptamtliche, die Ehrenamtliche von oben herab behandeln“, hört man immer wieder in Gesprächen mit Ehrenamtlern. Aber auch aus den Gremien der Gemeinden selbst werden verletzte Eitelkeiten und Eigeninteressen immer wieder vor das Gemeinwohl gestellt – auch zu Lasten hauptamtlicher Mitarbeiter. So ein Verhalten rächt sich: Was in jahrelanger Mühe aufgebaut wurde, wird so binnen weniger Monate nachhaltig zerstört. Prozesse wie KIM wirken hier bei einer Gemeinde wie ein Marathontraining beim menschlichen Körper: Die Schwächen werden genauso wie die Stärken offen gelegt.

Wer sich GdGs anschaut, die diesen Prozess erfolgreich gestaltet haben, stellt fest, dass viele eine erwachsene Streitkultur pflegen. Gegensätzliche Meinungen und Positionen werden diskutiert und mitunter wird in den Runden mit Argumenten hart gerungen. Persönliche Angriffe aber bleiben tabu. So können sich die Beteiligten auch nachher noch gegenseitig in die Augen sehen. In einem solchen Klima können Probleme gelöst werden, statt die Gräben weiter zu vertiefen.

GdGs (c) Herz Jesu Herrenshoff