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Lebendige Kirche
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Im Interview: Renate Müller

langjährig hauptberuflich und ehrenamtlich im Verbands- und Rätewesen Engagierte

Renate Müller (c) Thomas Hohenschue
Renate Müller
Datum:
Mo. 11. Sep. 2017
Von:
Diözesanrat Aachen
Renate Müller (c) Thomas Hohenschue
Renate Müller

Wie sieht Ihre verbandliche Prägung aus?

Zur Person:

Jahrgang 1947, Sommer 1967 (Anfang des 3.Lehrjahres) die CAJ kennengelernt, Mitglied geworden am 01.03.1968, Mitgliedschaft fortgeführt in der KAB am 01.07.1980

Gründe für den Eintritt, bzw. die Mitgliedschaft

Vor der CAJ war ich jahrelang in der Pfarrjugend aktiv. Je länger ich im Großbetrieb gearbeitet habe, umso weniger konnte ich mit dem vorher selbstverständlichen kirchlichen Leben etwas anfangen – es war einfach nur noch Hokuspokus für mich – mein Leben im Chemiebetrieb hatte mit Kirche nichts zu tun, es passte nicht mehr zusammen.
Der Hartnäckigkeit des CAJ-Kaplans habe ich es zu verdanken, dass ich dann – um Ruhe zu haben- zur CAJ-Arbeitsgemeinschaft gegangen bin. Und da ging es nur um unser Arbeitsleben. Und zwar sehr verbindlich. Mit der Methode Cardijns, dem lebendigen Evangelium und der Lebensbetrachtung haben wir unser Leben in den Blick genommen, uns gegenseitig die Bibel erschlossen – das war spannend, das hat unser Leben bereichert. Die internationalen Aktionen, die jährliche Untersuchungsaktion, das Zusammentragen der Erfahrungen und die gemeinsame Reflexion – das hat unser Leben geprägt – bis heute. Wir haben gelernt auf die Straße zu gehen – unvergessen die große Demo für das Berufsbildungsgesetz – für die Freilassung von CAJlerInnen, die z.B. in Brasilien, in Argentinien, in Südafrika für ihre Überzeugungen im Gefängnis waren. Kurz: wir wurden politisiert.

Der Eintritt in die KAB und das Anstreben einer hauptamtlichen Tätigkeit in der KAB war zunächst eine reine Kopfsache. „Die" haben uns als CAJ das Leben schwer gemacht, jetzt wollte ich zeigen, was wir CAJlerInnen können. Die inhaltlichen Fragen von Bildung, insbesondere Berufliche Bildung, Arbeitsbedingungen, Lohngerechtigkeit, internationale Solidarität – das war organische Fortsetzung des CAJ-Engagements.

Welche wichtigen persönlichen Erfahrungen wurden gemacht?

Die CAJ hat uns Selbstbewusstsein gegeben. Wir haben gelernt Sitzungen und Schulungen zu leiten. Die Nachbesprechungen waren das wichtigste Lernfeld – mit Samthandschuhen wurde selten gearbeitet. Wir haben gelernt, Verantwortlichen aus der Politik gegenüber, die Anliegen der jungen Arbeiterinnen und Arbeiter zu vertreten. Gewerkschaftsmitglied zu sein, war auch selbstverständlich.
Ganz wichtig war für mich die Erfahrung, dass es nichts mit Leistung zu tun hat, wenn frau in eine Familie hineingeboren wurde, in der sie behütet aufwachsen konnte, in der ihre Fähigkeiten gefördert wurden. Die Erfahrung, dass es viele Jugendliche gibt, die niemals die Erfahrung gemacht haben, dass man ihnen etwas zutraut. Es gibt keinen Menschen ohne Fähigkeiten, Fähigkeiten, die in einer Gemeinschaft gefragt sind – ohne die etwas fehlen würde.

In der KAB war es anfanglich ganz schön schwierig als Frau (ich war die erst Frau, die ganz normale Bezirkssekretärin und dann Diözesansekretärin war. Ich wollte keine Frauenarbeit machen – die Hausfrauen in der KAB haben mich eines besseren belehrt – wie sehr ihre Arbeit zuhause abhängig war vor allem von den Arbeitsbedingungen und den Arbeitszeiten – Familie hatte sich den Anforderungen der Arbeitswelt unterzuordnen.

Die oft erniedrigenden Erfahrungen der älteren Frauen in der KAB mit Kirche – oft abends beim Bier kamen die erst auf den Tisch – die haben mir die Augen geöffnet für die Stellung der Frauen in unserer Kirche. Da blieb nichts anderes als feministische Positionen vehement zu vertreten.

Gab es durch den Verband einen Zugang zu best. Themen und Inhalten, die wichtig waren und wurden?

Die Fragen von Arbeit und sozialer Sicherung sind zu einem Lebensthema geworden, die ich noch immer mit Leidenschaft verfolge. Es gibt noch viel zu tun! Gerade auch aus Sicht von Frauen.

Hatte das verbandliche Erleben einen Einfluss auf das jetzige berufliche, gesellschaftliche oder kirchliche Engagement?

siehe oben

Was wären heute wichtige Dinge, die im Verband erfahren und erlebt werden können?

Kirche sein mitten im Leben, Gesellschaft mitgestalten aus der christlichen Überzeugung heraus, Fähigkeiten entdecken, ausbilden und einsetzen, streiten lernen für eine bessere Zukunft für alle.