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Flüchtlinge
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Kolumbien
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Lebendige Kirche
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Grüße aus Ibagué

von Oli Bühl, AGEH-Fachkraft bei Concern Universal

Grüße aus Ibagué
Grüße aus Ibagué
Datum:
Do. 17. Jan. 2019
Von:
Oli Bühl

Die ersten sechs Monate sind vorbei. Nach vielen Auf und Ab sind wir mittlerweile gut in Ibagué angekommen. Die soziale und politische Situation in Kolumbien ist derzeitig schwierig und die nächsten Wochen werden zeigen, mit wieviel Gegenwind die neue rechtskonservative Regierung vor allem auf der Straße zu rechnen hat. Die ersten Entscheidungen der neuen Regierung betreffen auch direkt die Arbeit von Concern Universal. Rund 30 % der Finanzmittel für Bildung, Gesundheit und Soziales sollen gestrichen werden. Dies betrifft auch die Kindertagesstätten die Concern in Ibagué betreibt. Hatten sie früher noch Jahresverträge mit dem Jugendamt, weiß Concern derzeit nicht, ob sie nach dem 15.12.2018 überhaupt noch einen Kindergarten betreiben können. Die derzeit letzte vertragliche Zusage für den Betrieb haben sie für die Zeit vom 1.12. bis zum 15.12.18.

 Neben den Kindergärten arbeitet Concern derzeit in den unterschiedlichsten Projekten mit Campesinos und Indigenen. Bei Letzteren geht es vor allem um den Erhalt von Kultur, Traditionen, Identität und Sprache. Leider wird immer deutlicher, wie schwierig die Rolle der Indigenen in Kolumbien ist. Unter der neuen Regierung wird sich diese Situation auch nicht verbessern. Eher das Gegenteil deutet sich an. Den Indigenen Gemeinschaften wurden viele Versprechungen gemacht, vor allem was deren Sicherheit und die Entwicklung des ländlichen Raumes angeht. Feststellen muss man jedoch, dass sich vor allem die Situation entlang der Pazifikküste und im Cauca für die Indigenen dramatisch verschlechtert. Die verschiedenen Gruppierungen, die im Drogengeschäft unterwegs sind, suchen neue „Absatzwege“. Hierfür finden gerade im Choco gewaltsame Vertreibungen im großen Stil statt, um im wahrsten Sinne des Wortes freie Bahn zu haben. Aber auch das Geschäft mit Rohstoffen, setzt den Indigenen in ihren Gebieten massiv zu. Im Juli besuchten wir mit der Delegation des Bistums den kleinen „Ort“ Santa  Marta Inspeción. Auf dem Rückweg zeigte man uns in einer Senke, dass dort letztlich jemand mit einem Bagger illegal Gold gesucht hat. Letzte Woche war ich mit einem befreundeten Fotograf da. Jetzt ist dort eine offizielle Goldmine. Umzäunt, bewacht und der letzte Bachlauf in dem eh schon vertrockneten Land, wird jetzt noch doch die Mine verseucht. Alles mit Genehmigung der Regierung. Letztendlich muss man sagen, dass in Kolumbien, wie in weiten Teilen Lateinamerikas die Indigenen Völker immer mehr unter Druck geraten. Für viele gelten sie nur als Ballast, Störenfriede und Behinderung, die Land beanspruchen, mit dem andere Geld verdienen wollen.

Zuletzt war ich zweieinhalb Wochen mit Benedikt Ernst, einem Fotografen aus Köln, in Tolima unterwegs. Wir waren bei den NasaWe’sx im Süden von Tolima, bei den Pijao im zentralen Tolima, wir haben zwei Farc Demobilisierungslager besucht und mit vielen Menschen über ihre Träume und Wünsche aber auch über ihre realistischen Zukunftsperspektiven gesprochen. Es waren bedrückende Momente am Grab von Quitin Lame bei Ortega, dem letzten großen Hoffnungsträger der Indigenen Völker Kolumbiens auf einen eigenen Staat und ein selbstbestimmtes Leben. Es waren aber auch die Kinder und Jugendlichen in Santa Marta Inspeción die uns mit ihrer Fröhlichkeit und ihren lachenden Gesichtern beeindruckt haben – in einer Umgebung von unglaublicher Tristes. Es sind Momentaufnahmen im Jahr Zwei des Postkonfliktes in Tolima entstanden. Anfang nächsten Jahres wird es hierzu eine Fotoausstellung in Köln und Aachen geben. Ebenso arbeiten wir an einem „Bildband“ um die Entwicklungen im Postkonflikt und die Lebenssituation der Indigenen in Tolima in Bild und Wort zu setzen. Denn eins wurde uns von allen gesagt. Es ist wichtig dass mehr Menschen erfahren, was in Kolumbien jenseits der Schlagzeilen im Stillen passiert.