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Es gibt Alternativen zum Abbaggern der rheinischen Dörfer

Neue Erkenntnisse belegen andere Ausstiegspfade für die Förderung und Verstromung von Braunkohle

Tagebau Braunkohle (c) Bild von Rolf Dobberstein auf Pixabay
Tagebau Braunkohle
Datum:
Mo. 15. März 2021
Von:
Thomas Hohenschue

Der Klimaschutz führt zu einem Ausstieg aus der Förderung und Verstromung von Braunkohle in Deutschland, bis spätestens 2038. Um die Details wird weiter gestritten, auch in Nordrhein-Westfalen. Neue Erkenntnisse verändern das Szenario. Die Lage ist unübersichtlich. Höchste Zeit, vor der Verabschiedung einer Leitentscheidung der Landesregierung Licht ins Dunkel zu bringen.

Ein Fachabend mit mehr als 100 Teilnehmenden aus dem Rheinischen Revier leistete am 10. März 2021 diese anspruchsvolle Aufgabe. Mit Dr. Michael Ritzau, dem Gründer des Aachener Beratungsbüros BET, und Dr. Henry Riße, Ingenieur für Wasserwirtschaft, waren zwei ausgewiesene Experten an Bord.

Quintessenz des Abends: Ganz klar gibt es Alternativen zu der Planung, die der RWE-Konzern für die Förderung und Verstromung von Braunkohle vorgelegt hat. Gemessen an dem, was ein geordneter Rückzug aus dieser fossilen Energie wirklich erfordert, lässt sich auf das Abbaggern von Dörfern im Nordwesten von Garzweiler II, des dortigen außerordentlich wertvollen Lößbodens und der Manheimer Flur verzichten.

Als Stellschrauben benannte Riße ein Bündel von Umplanungen, die gewährleisten, dass die angestrebte Fördermenge erreicht wird. Eine stärkere Auskohlung im Tagebau Inden gehört dazu, dort sind die sozialen und ökologischen Kosten nicht so hoch. Was dort an Kohle gefördert wird, muss nicht an anderer Stelle aus der Tiefe herausgeholt werden.

Dasselbe Prinzip gilt, wenn andere Hinweise berücksichtigt werden. Zum Beispiel können Böschungen vorübergehend steiler gestaltet werden, um mit selbem Flächenverbrauch mehr Kohle auszubaggern. Das gilt zum Beispiel im Tagebau Hambach. Das sichert eine bessere Nutzung der Bodenschätze, ohne den Mindestabstand zu Siedlungen zu verletzen.

Der Abend erbrachte noch weitere wichtige Erkenntnisse. Ökonomisch mache die Förderung und Verstromung von Braunkohle immer weniger Sinn, zeichnete Dr. Michael Ritzau die Entwicklung auf dem Energiemarkt nach. Kaum noch die Betriebskosten, geschweige denn die Kapitalkosten der neuen Kraftwerke könnten derzeit erwirtschaftet werden.

Dr. Henry Riße legte den Finger in eine weitere Wunde der bisherigen Planungen. Die Idee, die Restlöcher vorrangig mit Wasser zu füllen, sei vielfach riskant. Das Wasser, das dafür gebraucht werde, fehlt dann an anderer Stelle, etwa der Landwirtschaft. Es sei auch nicht mehr gewährleistet, dass immer genug Wasser etwa aus dem Rhein zur Verfügung stehe.

Diese wasserwirtschaftliche Perspektive unterstrich, dass die weitere Auskohlung noch einmal umgeplant werden muss. Um weniger Fläche und Raum zu verschwenden, müssten bereits erreichte Flöze intensiver ausgebeutet werden. Und es müssten konsequenter, früher und umfassender die großen Abraummassen etwa der Innenkippe vor den bereits rekultivierten Sophienhöhen zur Auffüllung des Restloches in Hambach genutzt und bewegt werden.

Deutlich wurde an dem Abend, dass sich bei entsprechendem politischen Willen die Interessen in Nordrhein-Westfalen besser vereinbaren lassen, als das die bisher bekannten Eckpunkte der künftigen Leitentscheidung nahelegen. Die genannten Stellschrauben ermöglichen andere Ausstiegspfade, die ökologische, soziale und wirtschaftliche Belange erfolgreicher verbinden.

Info

Die Vorträge des Abends und ein „Rote-Linie“-Szenario der Initiative 3 Rosen e. V. für Garzweiler, das sich am CO2-Restbudget gemäß des Pariser Klimaschutzabkommens orientiert, sind auf deren Homepage verfügbar: www.3rosen.eu. Als Veranstalter zeichneten diese Bürgerinitiative und der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Aachen verantwortlich. Sie arbeiteten mit dem Evangelischen Erwachsenenbildungswerk im Kirchenkreis Aachen zusammen.