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Lebendige Kirche
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Ein Schritt nach vorne?

Die Erwartungen an die Studienkommission zur Rolle der Diakonin sind im Bistum verhalten

Schritt nach vorn (c) Martin Jäger / pixelio.de
Schritt nach vorn
Datum:
Di. 30. Aug. 2016
Von:
Garnet Manecke
Mit der Einberufung einer Studienkommission zur Rolle der Diakoninnen weckte Papst Franziskus große Erwartungen. Ein neuer Weg schien vorbereitet zu werden. Ernüchterung machte sich breit, als bekannt wurde, dass nur deren Rolle in der frühen Kirche untersucht werden sollte.
Marie-Theres Jung (c) privat
Marie-Theres Jung

Das Amt des Diakons ist als erste Stufe der drei Weiheämter Diakon, Priester und Bischof bisher Männern vorbehalten. Diakone taufen, verheiraten, beerdigen und predigen. Die Heilige Messe zu leiten oder die Beichte abzunehmen, bleibt Priestern vorbehalten. Seit 1968 dürfen verheiratete Männer die Diakon- Weihe empfangen. Frauen hoffen bisher vergebens darauf. Was erwarten engagierte Frauen im Bistum von der Kommission? 

Marie-Theres Jung, Vorsitzende KFD Diözesanverband Aachen 

„Es hat schon diverse Studien zum Diakonat für die Frau gegeben. Ob diese Kommission etwas Neues zu dem Thema herausfindet, bleibt abzuwarten. Ich bin da nicht so euphorisch. Das Diakonat steht für mich eher symbolisch für andere Dinge. Es geht nicht nur um die Weihe, sondern darum, dass Frauen auch in höhere Leitungsfunktionen müssen. Bei diesem Thema ist die Kirche unglaubwürdig. Sie schätzt Frauen nicht. Das empfinden gerade viele junge Frauen so und wenden sich ab. Dabei wäre es kirchenrechtlich ja möglich, dass Frauen auch Führungspositionen einnehmen.“ 

Burga Gripekoven, Ehrenamtliche in der Pfarrei St. Vitus Mönchengladbach 

„Ich muss sagen, dass ich mich mit dieser Frage nicht so beschäftigt habe. Ich weiß, dass Frauen in der Bibel wichtige Funktionen hatten und viele Frauennamen in Männernamen umgewandelt wurden. Von der Amtskirche bin ich in vielen Dingen weit weg, weil ich im Bistum Aachen immer das Gefühl hatte, dass die Verantwortlichen viel zulassen. Auch in meiner Pfarrei hatte ich nie das Gefühl, nicht geachtet zu sein. Ich hatte nie ein Problem, das zu machen, was ich wollte. Immer natürlich in Absprache mit dem Pfarrer. Aber ohne Kommunikation mit den Beteiligten geht es nicht. 

Das Diakonat für die Frau sehe ich deshalb ähnlich wie die Frauenquote in der Wirtschaft: Die Tatsache, dass wir so etwas haben, ändert ja nicht die Haltung gegenüber Frauen. Die ändert sich in der Weise, wie ich Menschen auf das Priestertum vorbereite, und durch die Veränderung der Hierarchie, die in meinen Augen nicht biblisch ist. Wenn ein Pfarrer sagt: ,Ich weiß alleine, wie das mit dem Glauben geht’, funktioniert es nicht. Eine große Frage ist für mich, warum die Leitung einer Pfarre von einem Priester abhängig ist. Es müsste möglich sein, dass vor Ort kompetente Laien auf Augenhöhe mit dem Priester eine Pfarre leiten können.“

Monika Schmitz, Delegierte im Netzwerk Diakonat der Frau 

„Ich bin dafür, eher verhalten zu sein und das Ganze abzuwarten. Aber es ist erfreulich, dass die Kommission zur Hälfte mit Frauen besetzt ist. Wenn man sich wirklich mit der Bibel beschäftigt und auf das 1. Buch Genesis schaut, steht da, dass Gott den Menschen nach seinem Abbild erschaffen hat – auch die Frau. Da ist es für mich gar nicht zu erklären, warum man sich in meiner Kirche so schwer tut mit der Gleichstellung der Frau. Dem Argument, dass das in Ländern wie Afrika oder Asien nicht gut ankommen würde, kann ich nicht folgen. Es täte unserer Amtskirche gut, hier ein Zeichen zu setzen gegen die Unterdrückung der Frau, die wir ja weltweit noch haben.“ 

Renate Müller, 2006 bis 2014 Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken Aachen

„Franziskus schlägt in der Frage nicht sofort die Tür zu, wie das bisher der Fall war. Immerhin warten wir seit der Würzburger Synode (1971 bis 1975, Anm. der Red.) auf eine Antwort. Damals haben die Laien und Bischöfe gemeinsam die Anfrage an Rom herangetragen und bis heute gab es keine Reaktion. Als ich von der Kommission hörte, fand ich das zuerst extrem positiv. Aber dann habe ich gedacht, womit geben wir uns schon zufrieden, wenn ich das zunächst so hoffnungsvoll betrachte. Ich bin froh, dass wir in Deutschland das Netzwerk Diakonat der Frau haben. Es zeigt, dass man was bewegen kann, wenn man dran bleibt. Und es zeigt, wie wichtig es ist, konsequent an so einer Frage dran zu bleiben – auch wenn man belächelt wird. Das Diakonat ist kein Durchlauferhitzer zum Priesteramt, sondern ein eigenständiges Amt. Ich bin nicht gegen das Priesteramt für Frauen, aber ich finde, man sollte diese beiden Fragen nicht immer miteinander verknüpfen. Mit der Einrichtung der Kommission geht Franziskus klug vor. Lasst uns erstmal sehen, was die herausfindet. Bis dahin können  wir schon konsequent leben, was noch nicht real ist.“ 

Sabine Mevissen, Frauenseelsorgerin Region Heinsberg und Psychiatrieseelsorgerin

„Frauen nutzen ihre Spielräume vor Ort, das macht ihr Engagement für Frauen sinnvoll. Ich habe viel mit Leuten zu tun, die in der Kirche nicht so beheimatet sind – sowohl in der Kranhausseelsorge als auch in der Frauenseelsorge. Aber die Menschen schauen schon, was Kirche macht, lesen in den Zeitungen und schauen Berichte. Daher glaube ich, dass die Einrichtung der Kommission eine Signalwirkung hat. Als Zukunftszeichen ist das Diakonat für die Frau wichtig. Ich höre oft: ,Ohne Frauen geht es in der Kirche nicht.’ Deshalb ist diese Einberufung wichtig, damit Frauen in der Kirche spüren, dass sie ernst genommen werden und das nicht nur Floskeln sind. Dass sich die Kommission nur mit der Rolle der Diakonin in der frühen Kirche befassen soll, empfinde ich nicht als Dämpfer. Wir argumentieren ja selbst ganz oft mit dem Rückblick auf die Urkirche. Es gab Lydia und andere Apostelinnen, im vergangenen Jahr war ich mit einer Gruppe in Israel auf den Spuren dieser Frauen. Wenn die Rolle dieser Frauen untersucht wird, nimmt das auch den Kritikern den Wind aus den Segeln. Ich persönlich würde für mich die Diakoninnen- Weihe nicht brauchen, weil mein Hauptanliegen in der Seelsorge liegt. Die männlichen Diakone sehe ich doch sehr in der Liturgie, als Hilfe beim priesterlichen Dienst.“ 

Burga Gripekoven (c) Garnet Manecke
Monika Schmitz (c) Garnet Manecke
Renate Müller (c) Thomas Hohenschue
Sabine Mevissen (c) privat
Schritt nach vorn (c) Martin Jäger / pixelio.de