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Lebendige Kirche
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Die durch den Staub gehen

Im November werden GdG-, Pfarrei- und Gemeinderäte gewählt. Zweiter Durchgang nach neuen Regeln

Staub Nachricht (c) Huntstock.com/shutterstock.com
Staub Nachricht
Datum:
Di. 21. Feb. 2017
Von:
Thomas Hohenschue
Der erste Blick kann täuschen. Ist es eine Baumarktkette, die da wirbt? Oder ein Geschäft für Haushaltswaren? Staubsauger, Arbeitshandschuhe, Handfeger sowie Hammer und Meißel zieren die Plakate.
Wahlplakat (c) PR
Wahlplakat

 Der zweite Blick zeigt: Es geht nicht um Gegenstände – es geht um kirchliche Gemeinden und ihre Pastoral. Es geht um Frauen und Männer, die sich gestalterisch einbringen. Es geht um die Wahlen zu den GdG-, Pfarrei- und Gemeinderäten im späten Herbst.

Manchmal kommt man zu einem Motto wie die Jungfrau zum Kinde. Mechtild Jansen, Geschäftsführerin beim Aachener Diözesanrat der Katholiken, und Johannes Schnettler, Referent für Gemeinderarbeit beim Bischöflichen Generalvikariat, kennen das. In einer Kooperation auf Landesebene machte vor einiger Zeit der Staub das Rennen, als es um eine Werbelinie für die Wahlen ging. Und wie sich das in einer Kooperation gehört, trägt man das jetzt mit und durch. Das heißt in diesem Fall, die nordrhein-westfälischen Bistümer und Diözesanräte deklinieren in diesem Jahr einheitlich ein Symbol durch, das auf eine zunächst sperrig wirkende Weise für den Wandel in den Gemeinden stehen soll. Und siehe da: Mit einiger Fantasie und Sprachwitz geht das besser als erwartet – wie sich bei einem Gespräch mit der KirchenZeitung zeigt. Dritter bzw. vierter im Bunde: Schnettlers Kollege Benedikt Steinruck, der 2016 die Nachfolge von Gemeindearbeiter Bernd Wolters antrat.

 

Wer oder was ist hier verstaubt?

Eines ist klar: Mechtild Jansen und Johannes Schnettler haben ein schillerndes Verhältnis zum Staub entwickelt. Er steht in ihren Augen nicht alleine dafür, dass etwas in die Jahre gekommen ist, für Verfall, Vernachlässigung, Austrocknung und Dürre. Sondern er ist für sie auch ein Zeichen des Wandels, des Umbruchs, des Neuaufbruchs. Denn genau dort fällt Staub an, wo etwas umgestaltet wird, umgebaut, gezimmert, durchbrochen, abgebrochen, neu errichtet.

Am augenscheinlichsten war und ist das beim Kirchlichen Immobilien-Management (KIM), das inzwischen alle 71 Gemeinschaften der Gemeinden (GdG) durchlaufen haben. Wo eine Kirche oder ein anderes Gebäude umgestaltet wird, hält im wörtlichen Sinne der Staub Einzug. Und auch im übertragenen Sinne wird dabei kräftig Staub aufgewirbelt – wie ganz im Allgemeinen überall dort, wo Gemeinden miteinander kooperieren sollen, es aber nicht wollen. Gewohntes wird in Frage gestellt, Sicherheiten gehen verloren, die Ruhe der üblichen Abläufe und Strukturen ist dahin.

Zuweilen liegt soviel Staub in der Luft, dass man das Gemeinsame nicht mehr sehen kann: dass es um das Leben und den Glauben der Menschen geht, um die Gemeinschaft und um ihre Beziehung zu Gott. Aus der Staubwolke ragen dann noch einzelne Kirchtürme heraus, mehr ist nicht zu entdecken und vielen Beteiligten geht die Luft zum Atmen aus, mit fatalen Folgen für das kirchliche Leben. So gesehen muss es stauben, um der Erstarrung zu entkommen, die manche bei sich erleben. Um Neues zu gestalten. Aber auch: um Altem, über das sich eine Staubschicht gelegt hat, zu neuem Glanz zu verhelfen. „Jetzt staubt’s“ soll somit ein Mutmachermotto sein, eines, das zum Anpacken ermuntern soll. Als getaufte Christen haben wir alle einen Gestaltungsauftrag. Die Frauen und Männer, die sich in GdG-, Pfarrei- und Gemeinderäte wählen lassen, nehmen ihn wahr. Sie sollen dafür sorgen, dass es staubt.

 

Womit geht es an die Arbeit?

Mit genau den Werkzeugen, die vor Ort die richtigen sind. Staub aufzuwirbeln soll schließlich kein Selbstzweck sein. Mit dem Staubsauger geht es um eine gründliche Reinigung von größeren Flächen, während der Handfeger gezielt und kräftig einzelne Ecken von Schutt und Staub befreit. Hammer und Meißel erlauben gezieltes Auf- und Abschlagen von Stellen, die man anders haben möchte. Die Bohrmaschine würde auch zuweilen helfen, gilt es doch oft, dicke Bretter zu bohren. Arbeitshandschuhe gehören dazu, denn alle, die sich engagieren, benötigen einen angemessenen Schutz. Wenn viel Staub aufgewirbelt wird, wären eine Schutzbrille und eine Atemschutzmaske von Vorteil.

Bistum und Diözesanrat statten viele Menschen, die sich für ein Engagement in den Räten interessieren, mit solchem Rüstzeug aus. Das Fortbildungsprogramm „Verantwortung teilen“ setzt auf ein konstruktives Miteinander auf Augenhöhe von Haupt- und Ehrenamtlichen. Auch gibt es anerkannte Vorarbeiter, die helfen, den Arbeitseinsatz der Baukolonnen vor Ort zu koordinieren. Gemeindeberater und Rätebegleiter sind solche Vorarbeiter. Wer eine entsprechende Hilfe an seiner Baustelle haben will, erhält sie.

 

Wie sieht der weitere Plan aus?

Das Bistum Aachen wirkt wie eine Großbaustelle, was das kirchliche Leben in den Städten und Dörfern betrifft. Pfarreien wurden aufgehoben und vereinigt. Nicht alle können mehr alles leisten, sondern man bündelt in Gemeinschaften der Gemeinden die Kräfte. Die Räte, in denen getaufte Christen verantwortlich mitgestalten, sollen diese Entwicklung begleiten. Wie das in den komplizierten neuen Strukturen gehen kann, darüber haben sich Bistum und Diözesanrat lange den Kopf zerbrochen. Und schließlich mit einer neuen Satzung den örtlichen Aktiven weitgehende Freiheit überlassen, wie sie ihren Gestaltungsauftrag im Rahmen des Kirchenrechts wahrnehmen möchten.

Die erste Runde in den neuen, komplexen Gebilden ist bald vorbei und nun sind die Räte aufgerufen, sich auf die zweite Runde vorzubereiten. Es geht um fünf Jahre ehrenamtliches Engagement. Dort, wo es gut gelaufen ist, wird es sicher weniger schwer sein, Kandidaten zu finden, die das Amt wieder oder erstmalig ausüben wollen. Bei den anderen GdG: Man wird sehen, ob sich die Staubwolke im Miteinander soweit legt, dass man handlungsfähig wird. Jeder ist eingeladen, aus den staubigen Arbeiten der Amtsperiode zu lernen. Und wieder neu zu bewerten: Wo hat sich Staub über unsere Kirche am Ort gelegt? Wo sprechen wir mit unserer Pastoral, unserer Liturgie, unserer Katechese die Menschen nicht mehr an?

Bischof Helmut Dieser wirft einen besonderen Blick auf die Sprache und Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen. Tun wir das auch? Der Fahrplan für die Wahlen zu den Räten steht: Mitte März wird die Website www.kirche-waehlen.de freigeschaltet. Im Mai erscheint eine Arbeitshilfe, welche die Verantwortlichen in den Gemeinden darin unterstützt, wichtige Weichen zu stellen: Wie wird demnächst die örtliche Gremienlandschaft gestaltet? Wie führt man am 11. und 12. November die Wahlen durch? Und wie vor allem gewinnt man neue Mitstreiter? Schon jetzt ist eine umfangreiche Checkliste an die GdG rausgegangen. Eines ist klar: Die Sache wirkt zunächst einmal staubtrocken. Aber es geht um gute, verantwortliche Arbeit.

Wahlen Quadrat (c) Thomas Hohenschue
Staub Quadrat (c) Huntstock.com/shutterstock.com
GdG-Wahlen (c) Thomas Hohenschue